Typenkunde – die technischen und optischen Merkmale des Unimog 404 im Zeitverlauf

In diesem ersten Teil der Typenkunde geht es um die grundsätzlichen technischen und optischen Merkmale des Unimog 404 und ihre Veränderungen im Laufe der Produktionszeit.

Unimog 404, Bundeswehr, Pritsche mit Plane
Lothar Spurzem, CC BY-SA 2.0 DE

 
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Wichtigste Daten
Baumusterreihe 404.1
Baumusterreihe 404.0
Besonderheiten der Anfangsserie
Die Fahrgestellnummer
 

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Die wichtigsten Daten in Kürze:
Ab 1955 bis 1980 wurde der im Vergleich zu den vorherigen Ur-Unimog Baureihen wesentlich größere (Länge etwa 4,93m, Breite etwa 2,07m Funkkoffer bzw. 2,14m Pritsche, Höhe etwa 2,25m Pritsche bzw. 2,65 Funkkoffer, bei anderen Aufbauten sind andere Maße möglich) und stärker motorisierte (80PS mit Motor M180, ab 1970 auch 110PS mit Motor M130) Unimog 404 gebaut, der mit Benzinmotor und erstmals mit gekröpftem Rahmen als hochgeländegängiger LKW speziell für das Militär entwickelt wurde und somit nicht mehr, wie die vorhergehenden Baureihen, eine nur leicht modifizierte Variante des Ur-Unimog darstellte, sondern ein auf diesem zwar basierendes, dabei aber insgesamt ganz neues Fahrzeugkonzept. Er wurde in der Anfangszeit „Unimog-S“ genannt, wobei das„S für „Sonderfahrzeug“ steht, in Abgrenzung zu den vorherigen Unimog, die für den landwirtschaftlichen Einsatz entwickelt wurden. Bis 1980 wurde er insgesamt 64.242 Mal gebaut und stellt damit die am häufigsten gebaute einzelne Unimog-Baureihe dar. Über 36.000 Fahrzeuge gingen alleine an die Bundeswehr.

Die 404.1 Baumuster der ersten 15 Produktionsjahre:
Es gab circa 15 Jahre lang nur die mit der Ziffer 1 beginnenden Baumuster (Varianten) des Unimog 404. Das waren 404.111, 404.112, 404.113, 404.114 sowie 404.115 und später auch 404.117. Auf Preislisten und in anderen Dokumenten wurde der Unimog 404 daher auch oft Unimog 404.1 genannt. … Nahezu alle diese ursprünglichen Baumuster hatten den M180-Motor verbaut, mit je nach genauer Motorversion (unterschiedliche Verdichtung) um die 80 PS und etwa 95 km/h Spitzengeschwindigkeit. In überwiegender Mehrzahl handelte es sich dabei um die Motorversionen M180.927 und M180.928 mit je 82 PS. Eine kleine Ausnahme von der Regel „Motor M180“ bei diesen Baumustern wird später noch beschrieben. Überwiegend – die genaue Aufteilung lässt sich leider nicht ermitteln – kam das offene Fahrerhaus zum Einsatz. Als Aufbauten dienten überwiegend Pritschen (Ladefläche) oder unterschiedliche Kofferaufbauten für Militär oder Feuerwehr. Von den vielfältigen anderen Aufbauten berichte ich im zweiten Teil der Typenkunde.

Der Anfang der Serienproduktion des Unimog 404 im Detail:
Die genaue Abfolge der unterschiedlichen Serien und Baumuster des Unimog 404 war die Folgende: 1954 wurde zunächst eine Vorserie gebaut, mit der die spätere Serie im Gebäude 14 des Daimler-Benz-Werks Gaggenau administrativ und ablauftechnisch vorbereitet wurde. Diese hatte noch keine 6-stellige Baumusternummer. Wie viele dieser Fahrzeuge gebaut wurden und wo sie verblieben, konnte ich nicht ermitteln. Diese Fahrzeuge mit einem Radstand von 2670 mm entsprachen bereits ganz oder weitestgehend der Anfangsserie. Von der Anfangsserie wurden ab Mai 1955 noch im gleichen Jahr knapp 600 Stück gebaut. Sie hat die Baumusternummer 404.111. Ab 1956 gesellte sich mit dem Baumuster 404.112 eine Variante der Anfangsserie mit Ganzstahlfahrerhaus hinzu, von der jedoch weit weniger gebaut wurden. Auch 1957 wurden diese beiden Varianten der kürzeren Anfangsserie noch produziert. Insgesamt gut 1.200 Exemplare der Variante mit offenem Fahrerhaus (Klappverdeck, 404.111) und knapp 200 Stück der geschlossenen Variante (Ganzstahl, 404.112) entstanden so. Die allermeisten dieser Fahrzeuge gingen an das französische Militär und waren Teil der Reparationszahlungen. Parallel zu dieser Anfangsserie wurde aber ab Oktober 1956 auch bereits die Hauptserie mit 2900 mm Radstand gebaut, als Baumuster 404.113 und 404.114. 1957 kam auch noch Baumuster 404.115 hinzu, eine Ganzstahlfahrerhaus-Variante mit Luke für den Luftschutzhilfsdienst.

Erheblicher Entwicklungsschritt der Unimog-Fahrzeugfamilie :
Nach den nur jeweils sehr kleinen Schritten der Fortentwicklung des aus den ursprünglichen Prototypen hervorgegangenen Unimog 70.200 (Böhringer Unimog), über den fast identischen bei Daimler hergestellten Unimog 2010, bis zu den wiederum nur leicht veränderten Unimog 401 und Unimog 402, stellte der Unimog 404 einen ganz erheblichen Entwicklungsschritt dar.  Insbesondere seine in allen Dimensionen größeren Ausmaße, sein stärkerer Motor, zudem ein Benziner statt wie bisher Diesel, das synchronisierte Getriebe und der gekröpfte Leiterrahmen unterschieden ihn von allen anderen bisherigen Unimog und auch vom kurz nach seinem Produktionsbeginn neu eingeführten Unimog 411, der wieder nur eine marginale Weiterentwicklung seiner Vorgänger war und damit weiterhin weitgehend dem Ur-Unimog 70.200 entsprach. Eine Ausschreibung der 1955 gegründeten Bundeswehr über 25.000 Fahrzeuge gewann der Unimog 404 trotz des höheren Preises von damals etwa 18.000 DM, aufgrund seiner technischen Überlegenheit gegenüber Fahrzeugen von Hanomag und Borgward und auch aufgrund des besseren Servicenetzes und der höheren Fertigungssicherheit von Daimler-Benz.

Die zusätzlichen 404.0 Baumuster ab 1970:
Ab 1970 kamen die Varianten mit den mit der Ziffer 0 beginnenden Baumustern hinzu, die unter der Bezeichnung Unimog 404.0 zusammengefasst wurden. Das waren die Baumuster 404.010, 404.011, 404.012 und 404.013 sowie 404.017. Die beiden Baumuster 404.012 und 404.013 haben einen stärkeren Motor, den Sechzylinder Mercedes M130 mit 110 PS und etwa 110 km/h Höchstgeschwindigkeit. Beim Unimog 404.0 gab es als Sonderausstattung eine Lenkkraftunterstützung (Kugelmutter-Hydrolenkung). Eine solche war bei den Unimog 404.1 nie verfügbar. Anteilig recht viele, wenn nicht sogar die deutliche Mehrheit der 404.0, haben eine Druckluft-Bremshelfanlage oder ein Unterdruckbremsgerät verbaut (beides war Sonderausstattung und beim 404.1 recht selten), da eine solche Bremskraftverstärkung bei mehr als 4,75t zulässigem Gesamtgewicht Pflicht war und viele der 404.0-Fahrzeuge an Feuerwehren gingen, die durch das Löschwasser ein möglichst hohes zulässiges Gesamtgewicht benötigten. (Zu den Bremsen siehe auch die entsprechenden Abschnitte in der Fahrzeugbeschreibung sowie in der Funktionsbeschreibung der Baugruppen.) Zudem gab es noch einige weitere kleine Veränderungen der 404.0 Fahrzeuge gegenüber der 404.1 Baumusterreihe: Zum Beispiel einen 120-Liter-Tank statt zwei getrennter 60-Liter-Tanks. Außerdem kam hier zu etwa 95 % das Ganzstahlfahrerhaus, also die geschlossene Kabinenvariante zum Einsatz, und zwar nicht die bei den 404.1-Baumustern (nur recht selten) verbaute alte Version, sondern die der seit 1963 gebauten Unimog 406-Baureihe, die ein kleinwenig geräumiger war und zudem für Servicearbeiten nach vorne gekippt werden konnte. Bei der Variante mit offenem Fahrerhaus (Klappverdeck) kam das des Unimog 416 zum Einsatz und nicht das des 404.1-Baumuster. Zusammengefasst lauten die Besonderheiten des 404.0 also:

  • Ca. 30% (404.012 und 404.013) haben stärkeren M130-Motor
  • Sehr häufig ist eine Bremskraftunterstützung verbaut
  • Lenkkraftunterstützung als Sonderautstattung verfügbar
  • 120 Liter Tank statt 2 x 60 Liter
  • Ca. 95% haben Ganzstahlfahrerhaus des Unimog 406
  • Das Ganzstahlfahrerhaus ist nach vorne kippbar
  • Bei offenem Fahrerhaus ist es das vom Unimog 416

Auch nach 1970 wurden die ursprünglichen 404.1-Baumuster aber noch weiterhin produziert. Aus dem Baujahr eines Unimog 404 kann man also nicht darauf schließen, ob es sich um ein Exemplar der Baumusterreihe 404.1 oder 404.0 handelt. Man muss sich stets das konkrete Fahrzeug beziehungsweise dessen Unterlagen genau ansehen. Die Fahrgestellnummer vorne links im Motorraum gibt mit den ersten 6 Ziffern Auskunft über das genaue Baumuster.

Die Achsstummel unterscheiden den 404.0 vom 406:
Durch die teilweise Verwendung des Fahrerhauses aus den Unimog 406 und Unimog 416-Baureihen fällt es manchmal schwer den Unimog 404.0 von diesen zu unterscheiden. Jedoch erkennt man den Unimog 404 zuverlässig an den sichtbaren Achsstummeln an den Felgen. Diese gab es in der Unimog 406- und 416-Baureihe grundsätzlich nicht.

Besonderheiten der Anfangsserie und der erster Exemplare danach:
Den Beginn der Serienproduktion des Unimog 404 habe ich im zweiten Abschnitt der Einführung im Rahmen der Darstellung der ersten circa 10 Jahre Entwicklungsgeschichte des Unimog bereits im Detail erläutert. Nun schauen wir uns die Besonderheiten der frühen Exemplare des Unimog 404 an. Die ersten etwa 1.400 Fahrzeuge der beiden von 1955 bis 1957 gebauten Baumuster 404.111 (gut 1.200 Stück, Klappverdeck) und 404.112 (unter 200 Exemplare, Ganzstahlfahrerhaus) hatten zunächst einen gegenüber der späteren Hauptserie etwas kürzeren Radstand von 2670 mm. Die ersten 300 Exemplare des Baumusters 404.111 hatten zudem auch noch das unsynchronisierte Getriebe UG1/11 und noch nicht das synchronisierte UG1/11-II aller nachfolgenden Unimog 404, so dass bei diesen erdten Exemplaren beim Schalten noch mit Zwischengas oder Zwischenkuppeln für eine Geschwindigkeitsanpassung des Räderwerks im Getriebe gesorgt werden musste. Hauptsächlich gingen die ersten etwa 1.400 Unimog 404 an die französische Armee, die ja auch den Anstoß zur Entwicklung dieses Fahrzeugs gab. Äußerlich unterschieden sich diese Exemplare außer durch die geringere Länge vor allem durch einige Kleinigkeiten, wie die genau seitlich statt seitlich oberhalb der Hauptscheinwerfer gelegenen Blinker vorne, die die Tarnleuchten zudem oben hatten, statt wie später rechts beziehungsweise links außen. Außerdem waren der lange Schwanenhals als Tankeinfüllstutzen auffällig sowie die an der Frontscheibenoberseite (statt unterhalb) befestigten Scheibenwischer und die Anbringung des Außenspiegels direkt am seitlichen Rahmen der Frontscheibe. Zudem gab es Entriegelungshebel an der Motorhaube, die später dem Zuggriff im Fahrerhaus wichen. Dieser Entfall der Motorhaubenriegel sowie die heutige Befestigungsposition der Bügel für die Außenspiegel an den Kotflügeln kamen erst 1958. Die alten Bauweisen reichten also auch in die frühen Exemplare der längeren (2900 mm Radstand) Baumuster 404.113 (ab 1956), 404.114 (ab 1956) und 404.115 (ab 1957) hinein und betrafen nicht nur die oben genannten beiden verkürzten Baumuster. 1958 kamen zudem die Peilstäbe hinzu und 1959 die zu öffnenden Klappen in den Seiten(steck)fenstern der Faltverdecke der offenen Fahrerhäuser (Klappverdeck). Ab 1960 wurde von Herzlochfelgen auf Scheibenfelgen umgestellt. … Durch die schrittweisen Umstellungen kam es zwischen 1956 und 1960 also zu verschiedenen Mischtypen, was die hier beschriebenen Merkmale angeht. Die nach den ersten etwa 1.400 Exemplaren gebaute längere Bauform des Unimog 404 (2900 mm Radstand) wird mancherorts auch Version B genannt, was aber nie eine offizielle Bezeichnung war.

Keine Veränderungen mehr nach etwa 1960:
Ab etwa 1960 folgten keine Änderungen mehr am Unimog 404.1, denn die Bundeswehr als mit weitem Abstand größter Abnehmer (insbesondere Baumuster 404.114, siehe zweiter Teil der Typenkunde) verweigerte sich aus logistischen und organisatorischen Gründen gegenüber allen Änderungen am Fahrzeug.

Spezifizierung eines Unimog 404 anhand der Fahrgestellnummer:
Eine aus sechs Ziffern bestehende Zahl, mit „404“ an den ersten drei Stellen, 
dann einem Punkt gefolgt von dem zweiten Block mit drei Ziffern für das Baumuster, spezifizieren in Summe also die genaue Variante des Unimog 404. Diese sechs Ziffern bilden auch den Anfang der Fahrgestellnummer, deren restliche Ziffern dann die Durchnummerierung der hergestellten Einheiten darstellen. Bis 1959 wurde der Durchnummerierung das Baujahr in umgekehrter zweistelliger Ziffernfolge (z. B. „95“ für 1959) vorangestellt, wobei damals die Fahrgestellnummer einzig aus der so entstandenen Ziffernfolge bestand, ohne die eben beschriebenen sechs Ziffern. Diese standen auf dem Typschild damals in einem getrennten Feld. … Das Typschild ist im Motorraum rechts zu finden (wenn man davorsteht links), quasi oberhalb des Beifahrer-Fußraums.

 

 

NÄCHSTER ABSCHNITT:
Hier geht es zum zweiten Teil der Typenkunde.

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