Der 1951 erschienene Motor M180 war der erste 6-Zylinder Benzinmotor der nach dem Krieg entwickelt wurde und einer der ganz wenigen vollständigen Neuentwicklungen bis in die Achtzigerjahre hinein. Er war damals ein moderner Hochleistungsmotor, mit technischen Anleihen aus dem Rennsport (obenliegende Nockenwelle, kurzhubig). Viele weitere Motoren der ersten Nachkriegsjahrzehnte basieren auf ihm (s.u.) und wurden in zahllosen Mercedes-PKW eingesetzt. Er wurde von 1951 bis 1980 produziert und ab 1955 bis 1980 auch im Unimog 404 verbaut. Der Motor M130 mit 2,8l Hubraum, der 1967 erschien und vom M180 abstammt, wurde von 1970 bis 1980 in knapp 600 der 1800 Exemplare der Baumusterlinie 404.0 des Unimog 404 gebaut, was in den ersten beiden Teile der Typenkunde näher erläutert wird.
Im Folgenden sind die vom M180 abgeleiteten Motoren aufgelistet. In Klammern ist jeweils der wesentliche Unterschied zum Vorläufer vermerkt:
- M127 1958 – 1967 (mechanische Saugrohreinspritzung)
- M108 1965 – 1969 (größerer Hubraum: 2,5l)
- M129 1965 – 1968 (Einspritzversion des M108)
- M114 1967 – 1972 (wie M108 aber höheres Drehmoment durch andere Steuerzeiten)
- M130 1967 – 1980 (2,8l Hubraum, gleichmäßiger statt paarweiser Zylinderabstand)
- M110 1972 – 1989 (wie M130 aber Querstromzylinderkopf statt Gegenstromzylinderkopf, zwei Nockenwellen, halbkugelförmige Brennräume, letzte M180-Entwicklungsstufe)
Der M180 kam neben dem Unimog 404 auch in vielen PKW zum Einsatz. Anfänglich in Oberklassebaureihen, heute S-Klasse genannt, später dann in den Fahrzeugen der Oberen Mittelklasse, die heute bei Mercedes als E-Klasse heisst. Gleiches gilt für den M130. In den unterschiedlichen Fahrzeugenbaureihen und -Modellen wurden im Laufe der Jahre viele jeweils leicht modifizierte Versionen (unterschiedliche Baumuster) der Motoren verbaut. Diese unterschieden sich beispielsweise durch die Anzahl der verwendeten Vergaser und durch die Verdichtung, die mittels der Kolbenform und Kolbenbodenhöhe oder durch die Dicke der Zylinderkopfdichtung verändert wurde.
Neben dem Einsatz im Unimog 404 wurde der M180 in einigen Modellen folgender PKW-Baureihen verbaut:
- 1951 bis 1955 in der Baureihe W187 (Mercedes 220), erstes Oberklassemodell nach dem Krieg, entspricht heutiger S-Klasse.
- 1954 bis 1959 in der Baureihe W180 (Großer Ponton), Nachfolger von Mercedes 220 (W187), entspricht heutiger S-Klasse.
- 1956 bis 1959 in der Baureihe W105 (Großer Ponton) andere Variante des großen Ponton, entspricht heutiger S-Klasse.
- 1959 bis 1968 in der Baureihe W111 (Große Heckflosse), Nachfolger des großen Ponton, entspricht heutiger S-Klasse.
- 1965 bis 1968 in der Baureihe W110 (Kleine Heckflosse), entspricht heutiger E-Klasse (Obere Mittelklasse).
- 1968 bis 1976 in der Baureihe W114 (Strich Acht), entspricht heutiger E-Klasse (Obere Mittelklasse).
Der M130 trieb neben dem Unimog 404 auch Modelle der folgenden PKW-Baureihen an:
- 1967 bis 1971 in der Baureihe W113 (280SL, Pagode) , Oberklasse-Sportcoupé, Pendant zum heutigen SL.
- 1967 bis 1971 in der Baureihe W111 (Große Heckflosse), Oberklasselimousine, Pendant zur heutigen S-Klasse.
- 1967 bis 1972 in der Baureihe W108 und Baureihe W109, Oberklasselimousine, Pendant zur heutigen S-Klasse.
- 1969 bis 1976 in der Baureihe W114 (Strich Acht), Obere Mittelklasse, entspricht heutiger E-Klasse.
Wie man an den Listen ablesen kann, war der M180 in den Fünfzigerjahren neben seinem 1955 beginnenden Einsatz im kompakten LKW Unimog 404 ausschließlich dem PKW-Bereich zugeschrieben und dort der Oberklasse. Ab den Sechzigerjahren wurde er in der Oberklasse nach und nach von seinem weiterentwickelten und leistungsgesteigerten Abkömmling M130 ersetzt und ab 1969 dann nur noch in der Oberen Mittelklasse eingesetzt. Ab 1973 genügte dann auch der M130 nicht mehr für die Oberklasse und wurde, wie parallel auch noch der M180, bis 1976 nur noch in der Oberen Mittelklasse verbaut (W114, Strich Acht). Ab 1977 kamen zeitgleich sowohl der M180 als auch der M130 ausschließlich nur noch im Unimog 404 zum Einsatz, bis ins Jahr 1980 hinein, dem Produktionsende beider Motoren sowie auch des Unimog 404.
Mit dem M110 trieb aber ein anderer Abkömmling des M180 noch bis 1986 Mittel- und Oberklasse-PKW inklusive dem SL Sportcoupé (W107) an und sogar bis 1990 noch das G-Modell, Baureihe W460.
Im Einzelnen betrachtet ergibt sich für den M110 folgende Liste:
- 1972 bis 1980 in der Baureihe W116 (Oberklasse), Pendant zur heutigen S-Klasse.
- 1973 bis 1976 in der Baureihe W114 (Strich Acht), Obere Mittelklasse, entspricht heutiger E-Klasse.
- 1974 bis 1985 in der Baureihe W107 (SL, Sportcoupé), Pendant zum heutigen SL.
- 1975 bis 1986 in der Baureihe W123, (Obere Mittelklasse), Pendant der heutigen E-Klasse.
- 1979 bis 1985 in der Baureihe W126 (Oberklasse). Pendant zur heutigen S-Klasse. Bis heute weltweit erfolgreichte (meistverkaufte) Oberklasselimousine.
- 1980 bis 1990 in der Baureihe W461 (Geländewagen), wird heute noch optisch fast unverändert produziert.
Circa 39 Jahre lang konnte sich das Motorkonzept des M180 also in Form seiner selbst und seiner vielen Abkömmlinge und Variationen am Markt behaupten, wobei aber ehrlicherweise gesagt werden muss, dass der M110 bis auf den (aber ebenfalls abgewandelten) Block nicht mehr allzuviel mit dem M180 gemeinsam hatte. Der Unimog 404 blieb der einzige LKW in dem dieser Motor beziehungsweise seine Nachfolger eingesetzt wurde, was wohl alleine schon daran liegt, dass im LKW-Bereich eigentlich seit spätestens den Dreißigerjahren Dieselaggregate die Norm sind. Der UNIMOG 404 wurde aber durch die Vorgaben der NATO, für dessen Armeen er eingesetzt werden sollte, als Benziner entwickelt. Denn aus strategischen Gründen setzte man im US-geprägten Militärbündnis auf diesen Kraftstoff. Neben besseren Kaltstartfähigkeiten und der Verfügbarkeit in großen Mengen (vor allem in den USA) war der Grund, dass Benzin der Standard in der US-Army war.
Der kraftvolle Motor M180 und der noch kraftvollere spätere M130 passen perfekt zu dem für einen LKW ja recht leichten Unimog 404 und seinem hauptsächlichen Einsatzzweck: der Geländefahrt. Mit einer Spitzengeschwindigkeit von 95Km/h (M130: 110Km/h) war der Unimog 404 für die damalige Zeit für einen LKW sogar der reinste Rennwagen, der sich selbst mit vielen PKW messen konnte. Aber auch bei langsamer, schwerer Geländefahrt überzeugten die beiden Motor im Unimog 404 mit ihrer Kraftentfaltung. Sie sind mit ein Grund für den großen und langanhaltenden Erfolg des Fahrzeugs. Wäre der M130 und die wesentlichste Verbesserung der Unimog 404.0 Baumusterline, die als Sonderausstattung verfügbare Lenkkraftunterstützung, früher als 1970 eingeführt worden, hätte der Erfolg eventuell sogar noch länger angehalten. Damit hatte man seitens Mercedes meiner Meinung nach etwas zu lange gewartet.